Ort und Zeit[Bearbeiten] Das Stück spielt in mythischer Vorzeit im Stadtstaat Theben (Böotien) in Griechenland.
Vorgeschichte[Bearbeiten]
Stammbaum von Antigone
Hintergrund ist das Unheil, das seit drei Generationen über dem Herrschergeschlecht von Theben hängt, dem Haus derLabdakiden. König Laios hatte eine Untat begangen, was dazu führte, dass sein Sohn Ödipus unwissentlich seinen Vater erschlug und dass er seine Mutter Iokaste heiratete, ebenfalls unwissentlich. Er wurde der neue König von Theben und hatte mit Iokaste vier Kinder: zwei Töchter, Antigone und Ismene (die also zugleich die Schwestern von Ödipus und die Enkelinnen von Iokaste sind), und zwei Söhne, Eteokles und Polyneikes (zugleich die Brüder von Ödipus und die Enkel von Iokaste). Nach dem Tod von Iokaste und Ödipus wachsen die Kinder bei Kreon auf, dem Bruder ihrer Mutter. Die Söhne (Antigones Brüder und zugleich Neffen) sollen abwechselnd die Herrschaft innehaben, darüber sind sie jedoch zu Feinden geworden. Polyneikes wird verbannt; er sammelt Verbündete um sich und versucht, im Krieg der Sieben gegen Theben mit ihrer Hilfe die Stadt zu erobern. Bei der entscheidenden Schlacht vor den Toren Thebens töten sich die Brüder gegenseitig, und die Angreifer werden zurückgeschlagen. Nun übernimmt Kreon die Herrschaft, als nächster männlicher Verwandter der bisherigen Könige. Seinen Neffen Eteokles, der die Stadt verteidigt hat, lässt er den Sitten gemäß beerdigen. Den Leichnam des Polyneikes jedoch, der zum Feind der Stadt geworden war, lässt er vor den Toren der Stadt liegen und verbietet seine ordentliche Bestattung. Damit verwehrt er ihm den Einzug ins Totenreich. Über die Einhaltung des Verbots wacht eine Gruppe von Wächtern. Wer das Verbot übertritt, soll gesteinigt werden. An dieser Stelle setzt die Handlung ein.
Prolog[Bearbeiten] Antigone berichtet ihrer Schwester Ismene von Kreons Verbot, Polyneikes zu beerdigen; sie fragt sie, ob sie bereit sei, ihr bei der Bestattung zu helfen. Ismene lehnt das ab. Sie verweist auf Kreons Verbot und auf die schmähliche Strafe der Steinigung; die Aufgabe der Frauen bestehe nicht darin, sich den Männern und den Stärkeren zu widersetzen. Antigone erklärt Ismene, dass sie deren Entscheidung für falsch hält - die Gesetze der Unterweltgötter gebieten die Bestattung; Antigone versucht aber nicht, Ismene umzustimmen. Ismene ist klar, dass sie das Gesetz der unterirdischen Götter verletzt; dafür will sie sie um Verzeihung bitten. Antigone freut sich darauf, so sagt sie, nach der Tat zu sterben und mit ihrem lieben Bruder auf immer zusammenzuliegen. Ismene fordert Antigone auf, die Tat wenigstens heimlich zu begehen, Antigone weist das zurück. Ismene erklärt Antigone für unverständig.
Das Einzugslied des Chores handelt vom Kampf um Theben. Ein gefährlicher Krieger näherte sich der Stadt, Adrast von Argos, mit dem Polyneikes sich verbündet hatte. Die Angreifer wollten die Türme der Stadt in Brand setzen, doch die Thebaner konnten sie zurückschlagen; dabei stützten sie sich auf die Hilfe der Götter Zeusund Ares. Das "schreckliche Brüderpaar" (Vers 144) hat sich im Kampf gegenseitig umgebracht. Nike, die Siegesgöttin, jubelt; jetzt soll der Kampf vergessen und der Sieg gefeiert werden.
1. Akt/Epeisodion[Bearbeiten] Kreon erklärt sich zum neuen Herrscher der Stadt, er beruft sich auf seine nahe Verwandtschaft mit den bisherigen Machthabern, Ödipus und seinen Söhnen. Das höchste Gut sei das eigene Vaterland, deshalb habe er befohlen, dass Polyneikes nicht bestattet werden dürfe. Der Chorführer erklärt sein Einverständnis: Kreon habe das Recht, einen solchen Befehl zu erlassen. Ein aufgeregter und ängstlicher Wächter erscheint und berichtet, dass das Verbot übertreten worden ist. Die Leiche wurde mit Staub bedeckt, der Täter ist unbekannt. Ausführlich schildert er, eine komische Figur, wie sehr er fürchtet, für die schlechte Nachricht bestraft zu werden. Der Chorführer fragt vorsichtig, ob das göttliche Recht nicht möglicherweise doch die Bestattung gebiete. Zornig beharrt Kreon auf dem Verbot; er vermutet, dass derjenige, der es übertreten hat, dies für Geld getan hat. Die Bewacher der Leiche werden von ihm mit dem Tod bedroht: Falls sie den Schuldigen nicht schleunigst finden, sollen sie gekreuzigt werden. Mit einem Wortspiel versucht der Wächter, Kreon den Unterschied zwischen der Nachricht und dem Boten klarzumachen. Im ersten Standlied besingt der Chor die ungeheuren Taten des Menschen. Der Mensch beherrscht die Seefahrt und die Landwirtschaft, den Vogelfang, den Fischfang und die Viehzucht. Er hat sich das Denken, das Sprechen und das Staatenlenken beigebracht. Dem Schnee und dem Regen kann er entfliehen; dem Tod kann er zwar nicht entrinnen, doch schwer heilbare Krankheiten hat er im Griff. Die Kunst der Erfindung wird von ihm bald für das Gute, bald für das Schlechte eingesetzt. In der Stadt bringt er die Gesetze des Landes zur Geltung und das von den Göttern verhängte Recht; wer Unrecht tut, wird aus der Stadt verbannt.
2. Akt/Epeisodion[Bearbeiten] Die Wächter haben Antigone am Grab des Polyneikes gefasst; einer von ihnen bringt sie zu Kreon. Er berichtet dem König, wie sie die Leiche mit Staub bedeckt hat und wie sie Polyneikes' Tod beklagt hat; er beschreibt, wie erleichtert er ist, selbst dem Unglück entronnen zu sein. Antigone gesteht ihre Tat ohne Umschweife. Sie beruft sich auf die ungeschriebenen Gesetze des Unterweltgottes. Diese verlangen, sagt sie, dass der Bruder bestattet wird, unabhängig davon, ob er Gutes oder Schlechtes getan hat; das Volk der Stadt sehe das genauso, wage aber nicht, das zu äußern. Wenn sie sterben müsse, sei das nur ein Gewinn, da sie ein Leben voller Leid gelebt habe. Kreon kritisiert ihre Starrheit und ihren Hochmut; nie werde eine Frau ihn beherrschen. Er lässt Ismene holen. Ismene erklärt, dass sie bereit sei, die Mitschuld auf sich zu nehmen. Von Antigone wird sie schroff zurückgewiesen. Im abschließenden Standlied singt der Chor von dem Unheil (Ate), mit dem das Haus der Labdakiden geschlagen ist.
3. Akt/Epeisodion[Bearbeiten] Es kommt zu einem Streitgespräch zwischen Kreon und seinem Sohn Haimon, dem Verlobten der Antigone. Haimon bekundet zunächst seinen Respekt gegenüber seinem Vater, berichtet dann, dass das Volk der Stadt das Mädchen bedaure, da sie eine rühmliche Tat begangen habe, und fordert Kreon schließlich dazu auf, seine Meinung zu ändern. Kreon erklärt, das hieße, diejenigen zu ehren, die die Ordnung verletzt haben. Da die Stadt das Eigentum des Herrschers sei, habe er allein das Recht, über Antigone zu entscheiden. Das Gespräch wird hitzig. Kreon wirft Haimon vor, sich dem Vater zu widersetzen, der Sklave einer Frau und ein Hohlkopf zu sein; Haimon setzt dagegen, dass die Stadt nicht einem einzigen Mann gehöre, dass Kreon das Recht der Unterweltgötter verletze und dass er verrückt sei. Wenn Antigone sterbe, werde auch er, Haimon, sterben; Kreon werde ihn nie wiedersehen. Kreon verfügt, Antigone lebendig in eine Grabkammer einzusperren, und verhöhnt sie: In diesem Grab könne sie Hades anbeten, den Gott der Unterwelt, den einzigen Gott, den sie verehre. Im dritten Standlied geht es um Eros - um den Gott der Liebe, des Begehrens. Eros verwirre den Sinn der Gerechten und habe auch diesen Streit zwischen Blutsverwandten hervorgerufen. Die strahlenden Augen von Antigone hätten gesiegt und drohten jetzt (so singt der Chor über sich selbst) sogar den Chor der Alten von der Bahn des Gesetzes abzubringen.
4. Akt/Epeisodion[Bearbeiten] Der vierte Auftritt enthält Antigones Totenklage (kommos). Sie beklagt, dass sie unverheiratet in den Tod geht. Der Chorführer antwortet, dass sie berühmt sei, dass sie gelobt werde und dass sie autonom (autonomos, sich selbst das Gesetz gebend) in den Hades gehe. Sie vergleicht ihr Schicksal mit dem von Niobe, die in einen Fels verwandelt wurde. Der Chorführer erwidert, es sei etwas Großes, wie eine Göttin zu sterben; Antigone fühlt sich dadurch verspottet. Der Chorführer bringt in Erinnerung, dass sie dem Fluch der Labdakiden zum Opfer gefallen ist; Antigone spricht von den Verbrechen des Ödipus. Kreon tritt auf und drängt die Wächter, Antigone schneller ins Grab zu bringen. Sie erklärt, dass sie sich auf das Totenreich freue, da sie hoffe, dort ihre Eltern und Brüder wiederzusehen. Das, was sie für ihren Bruder tat, hätte sie niemals, so sagt sie, für ihren Ehemann oder für ihre Kinder getan; diese seien ersetzbar – sie könnte einen anderen Mann heiraten und mit ihm andere Kinder haben -, den Bruder aber könne sie, da Vater und Mutter tot sind, nicht ersetzen. Das vierte Standlied handelt von grausamen Strafen: Danaë wurde in eine Eisenkammer gesperrt, obwohl sie von königlicher Herkunft war und mit Zeus ein Kind hatte. König Lykurg von Thrakien wurde von Dionysos in ein steinernes Gefängnis eingeschlossen, weil er gegen den Gott Schmähreden gehalten hatte. Die beiden Söhne von König Phineus wurden von ihrer Stiefmutter Idaea mit Weberschiffchen geblendet; sie beweinten das Leid ihrer Mutter Kleopatra, Tochter des WindgottesBoreas.
5. Akt/Epeisodion[Bearbeiten] Von einem Knaben geführt, betritt der blinde Seher Teiresias die Szene und berichtet Kreon von schlechten Zeichen: Die Vögel sind aggressiv, und von den Altären steigt das Feuer nicht mehr in die Höhe - die Götter nehmen die Gebete und die Opfer nicht mehr an. Der Grund, so sagt er,
liegt darin, dass die Altäre besudelt sind von Leichenteilen von Polyneikes, die von Vögeln und Hunden dorthin geschleppt worden sind. Der Seher fordert Kreon auf, Polyneikes beerdigen zu lassen. Kreon beharrt auf dem Verbot und verdächtigt Teiresias, bestochen worden zu sein. Beide geraten in Zorn. Teiresias sagt Kreon voraus, dass er nicht mehr lange zu leben habe, und dass die Unterweltgötter einen von seinen Blutsverwandten sterben lassen werden, zur Strafe für das Unterlassen der Beerdigung. Der Chorführer ist sich mit dem König darin einig, dass die Voraussagen von Teiresias, seit er alt ist, immer gestimmt haben. Der Chorführer rät Kreon, Antigone aus der Gruft zu holen und Polyneikes zu bestatten. Kreon stimmt zu, was ihn große Überwindung kostet, und zieht los, um Antigone zu befreien. Im fünften Standlied ruft der Chor den Gott Dionysos an und erinnert ihn an dessen Verbindungen mit der Stadt. Jetzt, wo Theben von schwerer Krankheit befallen ist, möge er in der Stadt erscheinen, zusammen mit seinem wilden Gefolge, den Bacchantinnen.
Schlussszene/Exodos[Bearbeiten] Ein Bote berichtet, dass Kreon etwas Schreckliches zugestoßen ist, Kreon sei jetzt ein „lebendiger Toter“[1] Im Wechselgespräch mit dem Chorführer erzählt der Bote, dass Haimon sich, aus Zorn über den Vater "wegen des Mordes", umgebracht hat. Eurydike kommt hinzu, Kreons Ehefrau und Haimons Mutter, und der Bote schildert ihr die Einzelheiten. Er hatte zunächst mit Kreon Polyneikes beerdigt und war dann mit ihm zu Antigones Grabbau gegangen. Im Grab sehen sie Antigone, die sich aufgehängt hat, und sie finden Haimon, der sie an der Hüfte umschlingt und den "Verlust des Bettes" und die Tat des Vaters beklagt. Haimon zieht das Schwert gegen Kreon, verfehlt ihn, stürzt sich dann, rasend über sich selbst, in sein Schwert, klammert sich an die tote Antigone und stirbt. Nach diesem Bericht geht Eurydike ins Haus. Die anschließende Stille ist dem Boten und dem Chorführer unheimlich. Die Bahre mit Haimons Leiche wird hereingetragen, Kreon wirft sich über sie. Im Wechsel singen der Chorführer, Kreon und ein Bote das abschließende Klagelied. Der Chorführer erklärt, dass Kreons Unglück auf dessen eigenem Fehler beruht. Kreon stimmt zu: Es war seine Unberatenheit, durch die er seinen Sohn verloren hat. Ein Bote berichtet, dass Eurydike sich ebenfalls getötet hat. Sie stach sich die Augen aus, verfluchte Kreon als Kindesmörder und stach sich dann ins Herz. Kreon klagt, dass er selbst ihr Mörder sei und wünscht sich das Ende herbei. Der Chorführer kritisiert ihn: Aus dem vorbestimmten Schicksal gibt es für Sterbliche kein Entrinnen. Das Stück endet mit einer vom Chorführer gesungenen moralischen Lehre: Besonnenheit ist das höchste Glück; den Bereich der Götter darf man nicht entweihen; die großen Worte der Prahlenden haben im Alter vernünftiges Besinnen gelehrt, nachdem sie durch schwere Schläge gebüßt worden sind.